Kinder als Brückenbauer unterwegs

Die „Sternsinger“ hatten heuer Verstärkung: von der evangelischen und der türkisch-islamischen Gemeinde in Kelheim.

KELHEIM.Im „Morgenland“ wär’s jetzt vermutlich wärmer als morgens über der Altmühl. Aber die fast 100 „Weisen aus dem Morgenland“ steuern an diesem Donnerstag ganz gezielt die Kelheimer Fußgängerbrücke an. Denn Brücken verbinden, und verbinden soll auch die gemeinsame „Sternsinger“-Aktion von zwei katholischen, der evangelischen und der türkisch-islamischen Gemeinde: Kinder helfen Kindern, das funktioniert jenseits der Grenzen von Religionen.

Mit dieser Idee hat der Gemeindereferent der Pfarreien Heilig Kreuz und St. Pius, Gerald Knittl, sowohl den dortigen Pfarrer Leszek Smaglinski überzeugt als auch dessen evangelischen Kollegen Armin Kübler und Ugur Lafci, den Vorstand des Kelheimer Moscheevereins. Sie alle besorgt wohl ebenso wie Knittl, was derzeit die Schlagzeilen beherrscht: „Extremisten und Egoisten, die keinen Weitblick und Liebe spüren, entzweien die Welt und schüren Angst“, beschreibt es Knittl. Dem solle die gemeinsame Aktion ein Zeichen entgegensetzen, erklärt er: „Die Menschen, die an den einen Gott glauben, trägt der Segen Gottes und bringt Liebe und Verständnis in die Welt.“

So ein Miteinander könne auch eine Stadt gut gebrauchen, befindet Bürgermeister Horst Hartmann, der an dieser Aussendungsfeier teilnimmt: „Nur zusammen können wir Leben und Arbeiten und unser Kelheim gestalten“, sagt er zu den Kindern, die sich mittlerweile alle am höchsten Brückenpunkt versammelt haben. Nacheinander stellen die Pfarrer und der Imam auf der Brücke sich und die Ziele dieser gemeinsamen Aktion vor – den erkrankten Pfarrer Smaglinski vertritt dabei Ruhestandsgeistlicher Hans Götz.

Bei den teilnehmenden Kindern stößt es kaum auf Verwunderung, dass bei der Sternsinger-Aktion heuer mehr „Orient“ dabei ist als nur die fantasievollen Königsgewänder, die in Pfarreien und zu Hause kreiert werden. Diesmal haben zum Beispiel Berat und seine Freunde jeweils einen echten „Fes“ auf dem Kopf, eine im Orient früher weit verbreitete Kopfbedeckung. Drunter schützen vorsichtshalber Mützen und Kapuzen gegen die eisigen Temperaturen.

Berats Mama hat dem 13-Jährigen gesagt, er solle bei der Sternsinger-Aktion mitmachen, und das tut er nun. Sein Freund Mehmet hat die Anregung von seinem Religionslehrer Atilla Saban erhalten. Gehört habe er vom Brauch schon, und im Internet auch davon gelesen. Jetzt will er’s selber ausprobieren, erklärt der Zwölfjährige. Auch Cevahir Ceran, Kelheimer Vorsitzende des schulübergreifenden türkischen Elternbeirats, hat über ihre warmen Wintersachen noch orientalisches Gewand gestreift: Sie begleitet eine der Kindergruppen und ist jetzt gespannt auf die Sternsinger-Premiere.

„Natürlich hat es auch Vorbehalte gegeben“, dass sich die türkisch-islamische Gemeinde an einer dem Ursprung nach katholischen Aktion beteiligt, sagt Religionslehrer Saban. „Aber wir hoffen, heuer alle Vorbehalte aus der Welt zu schaffen. Dann machen nächstes Jahr vielleicht sogar noch mehr Kinder mit.“ Sein Kollege Gerald Knittl, mit dem zusammen Saban die Idee realisiert hat, berichtet in den beiden katholischen Pfarreien habe im Vorfeld niemand Anstoß genommen an der Aktion; „vielleicht im Nachhinein noch…“

Knittl vertraut aber auf den Rückhalt nicht nur von Pfarrer Smaglinski, sondern auch von „ganz oben“: Papst Franziskus habe zur Versöhnung mit anderen Religionen und zu neuen Wegen ermuntert, erinnert er während der Mittagspause im Affeckinger Pfarrheim.

Dort und zeitgleich auch in St. Pius versorgen die „Sternsinger“-Teams der Pfarreien die hungrigen und verfrorenen Spendensammler. Gerald Knittl ist überzeugt, dass die junge Generation als erstes solche neue Wege beschreiten muss: „Nur Kinder können damit anfangen, Brücken zu bauen“.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung

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, Mit der Fußgängerbrücke hat Gemeindereferent Gerald Knittl (re.) einen symbolträchtigen Ort für die Aussendung der „Sternsinger“ gewählt.
Mit der Fußgängerbrücke hat Gemeindereferent Gerald Knittl (re.) einen symbolträchtigen Ort für die Aussendung der „Sternsinger“ gewählt.
, Fast 100 teilnehmende Kinder wurden von den Vertretern der Religionsgemeinschaften und Bürgermeister Hartmann auf den Sternsinger-Weg geschickt.
Fast 100 teilnehmende Kinder wurden von den Vertretern der Religionsgemeinschaften und Bürgermeister Hartmann auf den Sternsinger-Weg geschickt.